Weidemanagement

Holistisches Weidemanagement

Das holistische Weidemanagement ist ein Weidesystem, das auf einer rotierenden Beweidung basiert und über kurze, aber hohe Weideintensitäten verfügt. So soll die natürliche Beweidung weiterziehender Wiederkäuerherden nachgeahmt werden. Ziel ist es, die Resilienz der Grasnarbe zu erhöhen, Kohlenstoff und Wasser in den Böden zu binden und dadurch die Produktivität der Weide zu erhöhen.

Holistisches Weidemanagement wird auch als ganzheitliches Weidemanagement bezeichnet. Im englischsprachigen Raum heißt es holistic grazing, wobei in der wissenschaftlichen Literatur eher Begriffe wie intensive short-duration rotational grazing (vgl. Teutscherová et al., 2021), short duration rotational grazing (vgl. Lawrence et al., 2019), multi-paddock grazing (vgl. Teague et al., 2011) oder mob grazing (vgl. Zaralis & Padel, 2019) verwendet werden.

Das holistische Weidemanagement ähnelt der intensiven Umtriebsweide oder auch Portionsweide genannt, setzt aber einen deutlichen Fokus auf lange Weidepausen zur Entwicklung hoher Bestände. Die damit einhergehenden hohen „Weidereste“ – durch Tritt – sind gewollt bzw. werden als Investition in einen trockenheitstoleranteren, resilienteren Grünlandbestand gesehen: Die Weidereste bilden eine Streuschicht, die langfristig die organische Substanz des Bodens erhöhen und die Wasserhaltekapazität verbessern soll. Weiterhin soll der intensive, aber kurze Weidedruck das Gras weniger stressen als häufiges oder permanentes abweiden. Das ist plausibel. Durch eine Beweidung, aber auch eine Mahd, wird die photosynthetisch aktive Fläche reduziert die Photosyntheserate und Kohlenhydratproduktion nimmt folglich ab (Briske & Richards, 1995). Für den Neuaustrieb werden Stickstoff und Energie benötigt, sodass das Wurzelwachstum und die Anlage von Reserven eingestellt werden (Briske & Richards, 1995). Die Versorgung der Wurzeln über die Assimilate der verbliebenen photosynthetisch aktiven Fläche nimmt zugunsten des Neuaustriebs ab. Aus den Wurzeln wird Stickstoff für das Wachstum mobilisiert (Briske & Richards, 1995) und älterer Blätter erhöhen wieder ihre Photosyntheserate (Briske & Richards, 1995). Wird die Blattmasse nun permanent reduziert, wie z. B. bei einem kontinuierlichen Weidesystem wie der Kurzrasenweide, kann die Pflanze nicht in den Aufbau von Wurzelmasse investieren, die Pflanze erschließt nicht die tieferen Bodenschichten, sondern wurzelt nur oberflächlich und ist anfällig für Trockenheit.

Weitere Vorteile sind eine geringe Selektion der Pflanzen, eine gezieltere Nährstoffversorgung durch Dungabgaben auf der Fläche, auf der auch Nährstoffe entzogen wurden, ein geringerer Fliegen- und Parasitendruck durch kurze Verweilzeiten und die Verbesserung der Grasnarbe durch Niedertreten und Ausdreschen aussamender Gräser.

Vergleichende Untersuchungen zeigen, dass durch ein Holistisches Weidemanagement im Vergleich zu den „etablierten“ Weidesystemen höhere Biomasseerträge (Lawrence et al., 2019; Teague et al., 2011; Weber & Gokhale, 2011), höhere Streuanteile (Weber & Gokhale, 2011) und eine höhere Bodenfeuchte (Weber & Gokhale, 2011) bzw. Feldkapazität (Teutscherová et al., 2021) realisiert werden können. Auch die Aggregatstabilität liegt im Vergleich höher (Teague et al., 2011; Teutscherová et al., 2021), ebenso der Bodeneindringwiderstand (Teague et al., 2011). Einflüsse auf die Lagerungsdichte wurden von Teutscherová et al. (2021) nicht aber von Teague et al. (2011) gefunden. Einflüsse auf die Infiltration konnten Teague et al. (2011) nicht finden. Weitere Ergebnisse sind eine erhöhte Anzahl an hochwertigen Futterarten (Lawrence et al., 2019; Teague et al., 2011) und eine dichtere Grasnarbe (Lawrence et al., 2019; Teague et al., 2011).

 

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Quellen:

Briske, D. & Richards, J. (1995). Plant responses to defoliation: a physiological, morphological and demographic evaluation. In Society for Range Management (Hrsg.), Wildland plants: physiological ecology and developmental morphology (S. 635–710).

Lawrence, R., Whalley, R., Reid, N. & Rader, R. (2019). Short-duration rotational grazing leads to improvements in landscape functionality and increased perennial herbaceous plant cover. Agriculture, Ecosystems & Environment, 281, 134–144. https://doi.org/10.1016/j.agee.2019.04.031

Teague, W. R., Dowhower, S. L., Baker, S. A., Haile, N., DeLaune, P. B. & Conover, D. M. (2011). Grazing management impacts on vegetation, soil biota and soil chemical, physical and hydrological properties in tall grass prairie. Agriculture, Ecosystems & Environment, 141(3-4), 310–322. https://doi.org/10.1016/j.agee.2011.03.009

Teutscherová, N., Vázquez, E., Sotelo, M., Villegas, D., Velásquez, N., Baquero, D., Pulleman, M. & Arango, J. (2021). Intensive short-duration rotational grazing is associated with improved soil quality within one year after establishment in Colombia. Applied Soil Ecology, 159, 103835. https://doi.org/10.1016/j.apsoil.2020.103835

Weber, K. T. & Gokhale, B. S. (2011). Effect of grazing on soil-water content in semiarid rangelands of southeast Idaho. Journal of Arid Environments, 75(5), 464–470. https://doi.org/10.1016/j.jaridenv.2010.12.009

Zaralis, K. & Padel, S. (2019). Effects of High Stocking Grazing Density of Diverse Swards on Forage Production, Animal Performance and Soil Organic Matter: A Case Study. In A. Theodoridis, A. Ragkos & M. Salampasis (Hrsg.), Springer Earth System Sciences. Innovative Approaches and Applications for Sustainable Rural Development (S. 131–146). Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-030-02312-6_8

 
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